StartÄgyptische GötterDas Totengericht der alten Ägypter und seine Götter

Das Totengericht der alten Ägypter und seine Götter

Ägyptische Mythologie - das Totengericht
Ägyptische Mythologie – das Totengericht mit Anubis an der Waage, Ma’at (Feder) und Thot als Schreiber.

Für die ägyptische Mythologie spielt das Totengericht eine zentrale Rolle – dargestellt auf der Stele der Offenbarung. Götter und Mensch treffen zu dieser Prüfung, die das Totengericht darstellt, direkt aufeinander. Entschieden wird, wie es mit dem Menschen, der seinen biologischen Körper gerade verlassen hat, nun weitergeht. Die Götter sind durchaus wohlwollend. Wer weiter – unendlich – leben will als Gott unter Göttern, ist hochwillkommen. Er muss die Götter nur überzeugen, dass er wirklich leben will. Und das wird erkennbar an seinen Taten auf Erden. Und wie er seine Taten jetzt – angesichts der Götter – selbst beschreibt.

Voraussichtliche Lesedauer: 9 Minuten

Die Stele des Ankh-af-na-Khonsu

Die Stele zeigt eine typische Szene des Totengerichts. Der Gestorbene (rechts) – Ankh-af-na-Khonsu – steht drei Göttern des Totengerichts gegenüber: Nut, Behedeti und Horus. Ma’at ist als Feder, hinter dem Rücken von Horus anwesend. Die Götter im alten Ägypten waren keine jenseitigen Götter, an die man glauben konnte oder es lassen konnte, sondern sie begleiteten die Menschen bei allem was sie taten. So berichten uns die Stelen, Grabzeichnungen und Papyrosrollen der alten Ägypter. Diese Stele stammt aus dem Grab des Monthpriesters Anch-af-na-chons und wird heute im Ägyptischen Museum in Kairo aufbewahrt. 

Ägyptische Mythologie - das Totengericht auf der Stele des altägyptischen Priesters Ankh af na Khonsu
Ägyptische Mythologie – das Totengericht auf der Stele des altägyptischen Priesters Ankh af na Khonsu

Eine ganz besonders zentrale Rolle spielten die ägyptischen Götter beim Übergang eines Menschen vom Leben zum Tod, dem Totengericht. Und das nicht erst, wenn es für einen Menschen ans Sterben ging. Anders als heute spielte die Vorbereitung auf diesen Übergang „in den Westen“ oder die Welt unterhalb der Erdscheibe, welche des Nachts vom Gott Ra in seiner Sonnenbarke erleuchtet wurde, ihr ganzes Leben lang eine wichtige Rolle. Häufig tauchen auf ägyptischen Totenstelen Anubis, Thot, Ma’at, die Verschlingerin Ammit und Horus auf. Auf dieser Stele sind es die Götter: Nut, Behedeti, Horus und Ma’at.

Nut, die Himmelsgöttin

Nut ist in der ägyptischen Mythologie die Himmelsgöttin und die Mutter der ersten Götter. Tag für Tag wandern die Sonne, der Mond und die Sterne durch ihren Leib. Ohne sie gäbe es nichts auf der Welt, gäbe es die Welt nicht. Auf vielen Bildern im alten Ägypten rahmt diese Göttin das Geschehen zwischen Menschen und Göttern ein.

Auch auf der Innenseite der Sarkophage wurde oft die Himmelsgöttin Nut dargestellt. Sie schützt die Seele des Toten bei seiner gefahrvollen Reise in den Westen. 

Behedeti, die geflügelte Schlange

Direkt unter dem Leib von Nuit, wacht Behedeti über die Szene des Totengerichtes. Im alten Ägypten war dieser Gott besonders mit dem Ba oder dem Ba Vogel verbunden. Das Ba steht in der ägyptischen Mythologie für die Seele eines Menschen.

Horus, der falkenköpfige Gott

In der Mitte des Bildes sitzt Horus auf seinem Thron. Für die ägyptische Mythologie ist Horus (nach Ma’at) der mächtigste der Götter, der Sohn von Isis und Osiris und Herrscher über Ober- und Unterägypten. 

Sein Kopf befindet sich in gleicher Höhe wie der des Toten (Ankh af na Khonsu, der Priester von Theben). Seine Zeichen sind Sonne und Schlange (der Kundalini) auf seinem Kopf und der Doppelstab der Macht, den er in seiner linken Hand hält.

Ma’at hält die Welt im Gleichgewicht

Die wichtigste Gottheit des Totengericht ist auf dieser ägyptischen Stele nur mit ihrem Symbol vertreten: Die Feder der Ma’at. Sie befindet sich in Schulterhöhe hinter dem sitzenden Gott Horus. Die Feder der Ma’at weist wiederum auf die Waage hin, mit der diese Gottheit die ganze Welt (der Ägypter) in Balance hält. Die Göttin Ma’at ist bei den alten Ägyptern die Göttin der Ordnung und der Wahrheit. Ordnung meint bei den Ägyptern: In Einklang mit den Göttern leben. 

Ankh af na Khonsu

Die Hauptperson der Szene eines Totengerichts ist der / die Tote selbst, der sein Leben vor den Göttern „rechtfertigen“ muss, damit er in den Westen fahren und fortan gemeinsam mit den Göttern leben kann.

Totengericht Ankh af na Khonsu

Geprüft wird beim Totengericht, ob der Verstorbene nach dem Gesetz der Ma’at auf Erden gelebt hat. Und seine Aufgabe bzw. Prüfung besteht darin, dies wahrhaftig und überzeugend zu beschreiben. Sein Herz nämlich wird währenddessen auf der Waage des Totengerichts gewogen. Auf der einen Waagschale liegt sein Herz, auf der anderen die Feder der Ma’at. 

Totengericht - Frau

Fühlt er sich selbst uneinig mit sich, so wird sein Herz schwer und die Waage mit der Feder der Ma’at senkt sich – er will nicht mit den Göttern – als Gott unter Göttern – leben. Sondern etwas anderes. Trauern, warten, sich selbst vergessen. Und genau das was er statt dessen will, wird er denn auch tun. Auf den beiden unteren Bildern siehst du eine Frau (links) und den Priester Ankh af na Khonsu von Theben (rechts). Beider Herzen werden nun als sie vor den Göttern stehen, gewogen. 

Wirkt die Frau wie jemand, dessen Herz leicht ist? Ich finde nicht. Ihre Schultern fallen nach vorn herab, leicht gebeugt scheint sie einen schweren Weg zu gehen. Wir können nur spekulieren, doch der Unterschied zum Toten auf der anderen Stele ist ziemlich deutlich. Der Priester Ankh af na Khonsu steht selbstbewusst und aufrecht vor Horus. Er weiß sich den Göttern würdig bzw. ebenbürtig.

Die ägyptischen Götter im Liber L vel Legis

Mit der oben abgebildeten Stele, der Stele des Ankh af na Khonsu, hat es auch für uns Heutige eine ganz besondere Bewandtnis. Am Anfang das 20. Jahrhundert, ca 10 Jahre vor Ausbruch des 1. Weltkrieges, in einer Zeit also, da die Menschen all ihre Götter nach und nach verloren, kehrten diese drei alten ägyptischen Götter zurück. Genauer gesagt: Sie stellten sich – mithilfe eines Buches: Dem Liber L vel Legis (Buch des Gesetzes) – als die Götter dieser alten Stele vor und nannten ihre Namen, unter denen sie heute auf der Erde gefunden und verstanden werden können: 

  • Nuit – der andere Name der alten Göttin Nut. Nuit ist Nut recht ähnlich. Doch beschreibt Nuit sich nicht nur als Himmel, sondern weiter noch als Himmel: als unendlichen Raum – der Raum, in dem wie einst bei Nut, jeder Stern (Seele des Menschen) seine Heimat hat und nach seinem Tod wieder finden kann – im ewig göttlichen Tanz der Seelen-Sterne, welche die Welt indirekt leiten, indem sie die Seelen (Hadit) der Menschen inspirieren.   
  • Hadit – der andere Name des alten Gottes Behediti. Auch Hadit ist durchaus als Behedeti erkennbar – eine geflügelte Schlange. Ganz ähnlich auch die Beschreibung von Hadit als der innerste Punkt einer jeden Seele. Hadit beschreibt sich selbst – als genaues Pendant zu Nuit – nicht als Raum, sondern als Zeit. Womit nicht so sehr (eigentlich gar nicht) die Uhr-Zeit gemeint ist, sondern die Lebenszeit, wie ein Mensch sie – und damit sich selbst in der Welt – erlebt. Sie vergeht zum Beispiel als Kind oder beim Spielen, intensiv Lieben, kreativ Schaffen wie im Flug, bei langweiligen unfreiwilligen, öden Beschäftigungen quälend langsam.   
  • Ra-Hoor-Khuit – der andere Name des alten Gottes Horus. Wie Horus ist auch Ra-Hoor-Khuit das erobernde gekrönte Kind, also der Königs-Gott. Nur ist es seine Aufgabe nun nicht (mehr), das Land der Ägypter oder irgend ein anderes Land zu regieren. Statt dessen geht es ihm um das Mensch-sein – den Menschen als die Krönung der Natur, die sich im Menschen ihrer selbst bewusst wird. Anders gesagt um den Menschen, der nun endlich in der Lage ist, aus tiefster Seele selbstbewusst zu handeln – also eine kurze aber intensiv-existentielle Vereinigung von Nuit und Hadit herzustellen. So wie ein Kind Mutter und Vater in sich vereint und doch etwas ganz anderes als die Summe seiner Eltern ist.

Wie die alten ägyptischen Götter, aus denen sie sich entwickelt haben, sind auch Nuit, Hadit und Ra-Hoor-Khuit keine jenseitigen Götter, sondern leben in uns Menschen und in allem, was uns umgibt.

  • Der Raum – Nuit als das Geheimnis der Unendlichkeit des Raumes: Die Geheimnisse der Natur als Ganzer – die Schritt für Schritt zu erkunden, sich die Naturwissenschaften zur Aufgabe gemacht haben.  
  • Die Zeit – Hadit als das Geheimnis der für uns Menschen unbegreiflichen Zeit: Da wäre das Erkunden von Gesetzmäßigkeiten der Psyche und deren einzigartigen Seelenkern eine erste Annäherung, um den Gott Hadit zu verstehen. 
  • Die Gesellschaft – Ra-Hoor-Khuit als das Geheimnis des Mensch-seins: Mensch werden nur durch Menschen zu Menschen: Uns verständlicher werdend durch Beobachtung und Erforschung von sozialen Spielregeln und Gesetzmäßigkeiten (Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Familie und als Schlüssel für all diese: Anerkennung) 

Bildquellen: 

© die-goetter.de / Totengericht Frau

4 Kommentare

    • Re: magische Welt

      Hallo Sabine; 

      ja genau. So kann man das durchaus zusammenfassen 😉 Man kann natürlich auch anders und auch sehr treffend. Aber magischer Ort – ja passt. Sehr schön. 

      Apollo-Fan

    • das freut mich tierisch
      Danke für das unumwundene Lob.
      Freut mich – tja tierisch?, göttlich?
      jedenfalls sehr 🙂

      Angel
      zwischen Tier und Gott – Mensch eben.

      **************
      Spielen ist das ganze Geheimnis.

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