StartWeisheit, Magie & OrakelGöttin oder Gott der Ordnung, der Wahrheit und der Gerechtigkeit

Göttin oder Gott der Ordnung, der Wahrheit und der Gerechtigkeit

Mensch, Gott und die Ordnung des Lebens - die ägyptische Göttin der Weisheit, Wahrheit und Gerechtigkeit - Ma'at.
Mensch, Gott und die Ordnung des Lebens – die ägyptische Göttin der Weisheit, Wahrheit und Gerechtigkeit – Ma’at.

Götter der Ordnung und der Gerechtigkeit sind meist, aber nicht immer, Göttinnen. In Ägypten zum Beispiel war die Göttin Ma’at die Göttin der Ordnung und Gerechtigkeit. In Griechenland gab es zwei Göttinnen, Themis und deren Tochter Dike. Beide sind vor allem für soziale Gerechtigkeit zuständig. Für Ordnung sorgte eher der Sonnengott Apollon.

Voraussichtliche Lesedauer: 5 Minuten

Göttin der Ordnung und Gerechtigkeit: Ma’at, Themis und Dike

Ma’at ist eine der wenigen Gottheiten, die für die Ordnung der Welt als Ganzes stand. Wie kann das sein, da die Göttin Ma’at zwar wichtig, aber keinesfalls die Gottheit schlechthin, geschweige denn die einzige Göttin der Ägypter war. Mit Jehova spätestens wurde das deutlich anders. In Griechenland und im Christentum war es dann der oberste und schließlich der einzige Gott, welcher die Ordnung der Welt setzte und über sie wachte. Anders gesagt: Der mächtigste Gott war es, der bestimmte, was Ordnung sei und was nicht.

Das Ideal einer gerechten Ordnung

Soweit ich die Literaturlage einschätzen kann (siehe Anmerkungen unten) war die Lage im alten Ägypten noch eine andere. Eine streng hierarchische Ordnung, wie sie für viele Hochkulturen und insbesondere für die monotheistischen Religionen typisch wurde, passt zur Ordnung einer Ma’at, und auch der einer Themis oder deren Tochter Dike nicht. Dike, die jüngste Göttin der Ordnung und Gerechtigkeit in dieser Reihe, sorgt dafür, dass begangenes Unrecht ausgeglichen und bestraft wird. Aber auch bei ihr bedeutet Ordnung, wie schon bei der Ma’at, ein geordnetes soziales Miteinander: Solidarität, Mitmenschlichkeit, Verlässlichkeit. Diese Gerechtigkeit war also eine explizit soziale Ordnung. Es ging nicht um den einzelnen Menschen, sondern um den sozialen Frieden. Ma’at ist, laut Jan Assmann, sowohl das Prinzip, das die Menschen zur Gemeinschaft verbindet, als auch das Prinzip, das dem menschlichen Leben Bestand verleiht über den Tod hinaus. Beides gehört im ägyptischen Denken untrennbar zusammen. Was ist damit gemeint?

Eine eherne Ordnung gibt es nicht

Ein Gott oder eine Göttin der Ordnung und Gerechtigkeit ist, wenn wir verschiedene Götter vergleichen, nichts ewig Gleiches, obwohl es genau das ja sein will. Dass Ordnung keine allgemeine Kategorie ist, die für alle gleich wäre, kennen wir auch aus unserem Alltag: Was als ordentlich gilt und was nicht, hängt von vielen Faktoren ab. Und mein Ordnungssystem ist für einen anderen vermutlich eher unbrauchbar. Der Erhalt der Ordnung oder das Herstellen von Ordnung als die zentrale Aufgabe einer Gottheit hat deshalb im Laufe der Jahrtausende ganz unterschiedliche Göttinnen und Götter hervorgebracht. In den frühen Kulturen galt es, die natürliche Ordnung – Sonne, Mond und Gestirne oder auch den Wechsel von Ebbe und Flut zu beeinflussen, auf dass sie erhalten bleiben möge und nicht aus dem Gleichgewicht falle. Das Chaos, der Gegenpol zur Ordnung schon im alten Ägypten, hätte und hat faktisch den Weltuntergang bedeutet. Die Welt bestand ja aus dem Horizont, den man als Mensch dieser Zeit erfahren konnte.

Die Göttin der Gerechtigkeit verändert sich

Im Verlaufe der griechischen Antike trennten sich die Aufgaben der Götter, die für Ordnung oder eben Gerechtigkeit zuständig waren. Die Menschen machten die Erfahrung, dass die Ordnung eines Sozialsystems zusammenbrechen konnte, die Ordnung der Welt aber erhalten blieb. Das hing sicherlich mit einer größer werdenden Bewegungsradius zusammen. Die in Ägypten noch scheinbar untrennbare und tragisch schicksalhafte Einheit der Welt mit der von Menschen direkt erfahrbaren Welt hatte sich für die antiken Griechen schon aufgelöst. So trennten sich der Blick aufs ganze und jener auf das soziale Miteinander. Die soziale Ordnung zu sichern – dafür brauchte es Gerechtigkeit: Themis und Dike. Der Hüter der Ordnung wurde nun ein männlicher Gott: Apollon. Er hatte, im Unterschied zu Themis und Dike, als Sonnengott alles im Blick.

Gegenpol – die Chaosgötter

Die Chaosgötter wandelten sich zur selben Zeit eher zu einem Pol der Lebendigkeit. Nietzsche im Zarathustra zu den höheren Menschen: Man muss noch Chaos in sich tragen, um einen tanzenden Stern zu gebären. Ich sage euch – ihr habt noch Chaos. Chaos war jetzt, siehe vor allem die ewige Ankunft des Dionysos, nicht mehr der Weltuntergang schlechthin. Bei Dionysos wird das Chaos, das er anrichtet, zur Befreiung aus den rigiden Spiel-Regeln der gerade herrschenden Ordnung in einer Polis.

Quellen:

  • Text: Jan Assmann: Ma’at – Gerechtigkeit und Unsterblichkeit im Alten Ägypten, C.H. Beck, München 1995
  • Bild: eigene Collage, fotografiert

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