StartGriechische GötterGöttergespräche von Lukian: Hermes - ein ganz besonderer griechischer Gott

Göttergespräche von Lukian: Hermes – ein ganz besonderer griechischer Gott

Hermes, als noch sehr junger griechischer Gott, schien schon ein Wunderkind zu sein.
Hermes, als noch sehr junger griechischer Gott, schien schon ein Wunderkind zu sein.

In den heiteren Göttergesprächen des griechischen Dichters Lukian aus Syrien ist häufig vom geschickten und viel beschäftigten griechischen Gott und Götterboten Hermes die Rede. Eines dieser Gespräche soll es, so will es der Dichter, zwischen den beiden älteren Brüdern Hephaistos und Apollon des noch sehr kleinen Hermes gegeben haben. Denn Hermes ist ein ganz besonderer griechischer Gott. Das stellten, so nicht erst Lukian, schon seine älteren Geschwister fest. Und zwar sehr früh. So früh, dass Hermes geradezu als ein Wunderkind unter den griechischen Göttern galt.

Ein Gespräch zwischen Hephaistos und Apollon über ihren noch ganz kleinen Bruder Hermes

Hermes wird meist als sehr jugendlicher, sogar jungenhafter Gott dargestellt.
Hermes wird meist als sehr jugendlicher, sogar jungenhafter Gott dargestellt.

Hephaistos und Apollon, ebenso wie Hermes, sind Brüder, jeder von ihnen ein griechischer Gott und Sohn von Göttervater Zeus. Das Gespräch, das in den Göttergesprächen von Lukian erhalten blieb, fand vermutlich direkt in oder nahe der Schmiede des Hephaistos statt. Apollon berichtet dem Hephaistos über die Schelmereien ihres kleinen Bruders. Doch wo ist unterdessen das freche Götterkind?

Hephaistos ist, anders als Apollon, begeistert von seinem kleinen Bruder Hermes

Hephaistos: Hast du den kürzlich erst geborenen Sohn der Maja schon gesehen, wie er so schön ist und alle Leute anlacht? Es ist nur noch ein Wiegenkind, aber es hat schon alle mögliche Anscheinung, dass etwas sehr Gutes aus ihm werden müsse.

Apollon erwidert darauf trocken: Wie soll ich den ein Kind nennen, Hephaistos, oder mir viel Gutes von ihm versprechen, der an Schelmerei jetzt schon älter als Japetus (Ein Titan und der Vater des Prometheus) ist?

Hephaistos fragt, wie denn das sein könne: Wem sollte ein Kind, das kaum auf die Welt gekommen ist, was Böses tun können?

Apollon beginnt aufzuzählen, was der liebe Kleine schon alles gestohlen hat: Frage den Poseidon, dem er seinen Dreizack gestohlen, oder den Ares, dem er das Schwert heimlich aus der Scheide gezogen; nichts davon zu sagen, dass er mir selbst Bogen und Pfeile gemaust hat.

Hephaistos aber will’s nicht glauben

Charakteristisch für den jugendlichen Gott ist neben Flügelschuhen und seinem Caduceus-Stab auch sein geflügelter Hut.
Charakteristisch für den jugendlichen Gott ist neben Flügelschuhen und seinem Caduceus-Stab auch sein geflügelter Hut.

Hephaistos: Ein neugeborenes Kind, das sich in seinen Windeln kaum rühren kann!

Apollon: Du wirst gleich selbst die Erfahrung davon machen, was er kann, wenn er nur erst zu dir gekommen ist.

Hephaistos: Das ist er schon.

Apollon: Und ist dir nichts von deinem Werkzeuge weggekommen? Ist noch alles da?

Hephaistos: „Alles, Apollon.“

Apollon: Siehe nur recht nach!

Hephaistos: Zum Zeus! Ich sehe die Zange nicht.

Apollon: Du wirst sie unfehlbar in der Wiege des Kleinen finden.

Hermes, ein noch winziger griechischer Gott, scheint ein Wunderkind zu sein

Hephaistos kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus: Der hat ja so behände Finger, als ob er die Kunst zu stehlen in Mutterleibe schon studiert hätte.

Apollon: Und hast du nicht gehört, wie artig er schon plaudert und wie hurtig es ihm von der Zunge rollt? Er macht sogar schon den Pagen bei uns. Und stelle dir vor, dass er gestern den Eros herausforderte und dass er ihn in einem Augenblick, ich weiß nicht wie, bei den Fersen kriegte und zu Boden warf. Und da wir ihn alle lobten und Aphrodite ihn seines Sieges wegen auf die Arme nahm und küsste, stahl er ihr ihren Gürtel und dem Zeus sein Zepter; und wäre ihm der Donnerkeil nicht zu schwer und zu heiß gewesen, er wäre auch mit dem davongegangen!

Hephaistos: Das lass mir einen gewandten Jungen sein!

Hermes als, gerade geborener, und schon Musikus

Apollon: Noch mehr, er ist auch schon ein Musikus.

Hephaistos: Woraus schließest du das?

Apollon: Ich weiß nicht, wo er eine Schildkröte fand. Sogleich machte er sich ein Instrument aus ihrer Schale, befestigte einen Hals mit einer Hand habe daran, setzte einen Steg und einen Sattel drauf, schlug Nägel ein, bespannte es mit sieben Saiten und spielt dir nun so anmutig und meisterlich darauf, dass ich mich selbst nicht mehr hören mag, wiewohl ich mich schon so lange mit der Zither abgebe.

Spielzeug von Hephaistos für seinen kleinen Bruder

Weiter Apollon: Überdies sagte uns seine Mutter, er bleibe nicht einmal bei Nacht im Himmel, sondern schleiche sich aus Vorwitz bis in den Tartarus hinab, vermutlich um zu sehen, ob es was zu stehlen gebe. Denn er hat Flügel, und ich weiß nicht, wie er zu einer gewissen Rute gekommen ist, die eine so wunderbare Kraft in sich hat, dass er die Seelen damit an sich zieht und die Toten in den Tartarus hinunterführt.

Hephaistos: Die hat er von mir bekommen; damit er ein Spielzeug hat.

Apollon: Und zum Danke hat er dir deine Feuerzange gemaust.

Hephaistos: Gut, dass du mich erinnerst; ich will gleich gehen und sie wieder holen, falls sie sich etwa, wie du sagst, in seinen Windeln findet.

*** Ende des Göttergesprächs ***

Und was trieb der kleine griechische Gott Hermes inzwischen?

Was trieb der kindliche Gott Hermes, während seine Brüder über ihn lästerten?
Was trieb der kindliche Gott Hermes, während seine Brüder über ihn lästerten?

Das Gespräch zwischen Hephaistos und Apollon ist bei Lukian an dieser Stelle zwar zu Ende, sie hat aber eine durchaus sinnige Pointe. Die Storyline also, auch bei Lukian, geht noch weiter.

Interessant für den, der sich mit den Streichen des gewitzten Hermes auskennt, ist nämlich, wovon Apollon nichts berichtet: Die wildeste Geschichte des kleinen Hermes ist ja der Raub einer ganzen Rinderherde, die Hermes seinem älteren Bruder Apollon auf abspenstig macht.

Genau davon aber ist in Lukians Göttergespräch aber nicht die Rede, obwohl das
antike Publikum (und vielleicht auch noch das heutige, wenn es den Hermes-Hymnus
kennt) vielleicht gerade darauf gewartet hat. Vielleicht hat Lukian mit dieser Aussparung beabsichtigt, dass der Leser die Geschichte noch über das Ende des kleinen Dialogs hinausdenkt.

Auf Apollon, der den noch ahnungslosen Hephaistos über den kleinen Tunichtgut aufklärt, wartet noch ein großer Schock: Er entdeckt, dass ihm in der Zwischenzeit eine ganze Rinderherde abhandengekommen ist.

Quellen

  • Text: Der besseren Lesbarkeit halber habe ich das Gespräch von Lukian durch Zwischenüberschriften unterteilt und, vor allem um den letzten Absatz, ergänzt. / Lukian in Wikipedia / Merkurs Kindheit und frühzeitige Talente, die Übersetzung der Göttergespräche von Lukian, die ich hier verwende, stammt von Christoph Martin Wieland. Ich habe lediglich die römischen durch die griechischen Götternamen ersetzt. Hermes ist griechischer Gott, ebenso sind Apollon und Hephaistos die Namen von griechischen Göttern. Die römischen Namen der drei Götter: Merkur, Apollo und Vulkan.
  • Bilder: © Tiepolo / Depositphotos / Depositphotos / theoi.com

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