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Frau Holle, Goldmarie und Pechmarie

Goldmarie und Pechmarie - Protagonistin und Antagonistin im Märchen von Frau Holle
Goldmarie und Pechmarie – Protagonistin und Antagonistin im Märchen von Frau Holle

Das Märchen von Frau Holle und den beiden Mädchen Goldmarie und Pechmarie ist nicht einfach nur die Mär davon, dass es sich lohnt, fleißig und folgsam zu sein. Es gibt, gerade was die mütterliche Hauptfigur dieses Märchens betrifft, weit in die mythischen Zeiten reichende Verbindungen. Und regionale Sagen gleichen Namens, vor allem in Mitteldeutschland, gibt es auch. Diese erzählen wieder eine andere Geschichte als das allseits bekannte Märchen.

Das Märchen von Frau Holle, Goldmarie und Pechmarie

Es war einmal eine junge Frau, die bei ihrer Stiefmutter und ihrer jüngeren Stiefschwester lebte. Sie wurde von ihnen schlecht behandelt und musste die ganze harte Arbeit im Haus erledigen.

Die Spindel – am Brunnen

Jeden Tag setzte sie sich an den Brunnen an einer großen Straße und drehte die Spindel bis ihre Finger bluteten. Doch eines Tages fiel ihr die Spindel in den Brunnen. Das Mädchen hatte die blutige Spindel waschen wollen, doch konnte die Spindel nicht halten. Das Mädchen aber hatte solch große Angst vor der Schelte ihrer Stiefmutter, dass sie der Spindel hinterher in den Brunnen sprang. Schnell verließen sie ihre Sinne.

Backofen und Apfelbaum rufen um Hilfe

Doch als sie aufwachte, lag sie auf einer wunderschönen Blumenwiese. Gleich in Ihrer Nähe stand ein Backofen, der duftete nach frischem Brot. Das Brot im Backofen aber rief das Mädchen zu sich: „Hol mich raus, sonst verbrenne ich. Ich bin schon längst fertig gebacken.“ Schnell war das Mädchen bei der Hand und holte all die Brote aus dem großen Ofen auf der Blumenwiese. Dann ging das Mädchen weiter auf der Blumenwiese und schaute sich um. Und siehe da, wieder braucht jemand ihre Hilfe, dieses Mal war es ein Apfelbaum. „Auch rüttle mich, ach schüttle mich. Die Äpfel sind alle schon reif!“. Und wieder half das Mädchen und schüttelte die Äpfel vom Baum, wie der Baum sie geheißen hatte.

Goldmarie schüttelt die Betten aus, sodass es auf der Erde schneit.
Goldmarie schüttelt die Betten aus, sodass es auf der Erde schneit.

Goldmarie bei Frau Holle

Schließlich kam das Mädchen zu einem Haus. Aus einem Fenster schaute eine freundliche Frau mit großen Zähnen, die das Mädchen freundlich begrüßte. „Bleib bei mir liebes Kind, wenn du alle Arbeit im Hause ordentlich tun willst, so soll dir’s gut gehn. Du mußt nur achtgeben, daß du mein Bett gut machst und es fleißig aufschüttelst, daß die Federn fliegen, dann schneit es in der Welt; ich bin die Frau Holle.

Das Mädchen blieb also bei der der freundlichen Frau und immer wenn sie die Betten schüttelte, schneite es auf der Erde. Nachdem sie eine Zeit lang in diesem wundersamen Haus gelebt hatte, bekam sie Heimweh. Sie sagte es der alten Frau und diese versprach ihr, sie selbst wieder zu ihrer Familie zu bringen. Und als das Mädchen durch ein großes Tor ging, fiel Gold auf sie herab und blieb an ihr hängen. Zuhause krähte der Hahn im Hof der Mutter „Kickeriki, unsere goldene Jungfrau ist wieder hie.”

Die Pechmarie

Als die Stiefmutter sah, dass das Mädchen ganz mit Gold bedeckt war, nahm sie das Mädchen sehr freundlich auf. Denn für ihre eigene Tochter wollte sie nun auch diese Herrlichkeit. Also schickte sie ihre Tochter zum Brunnen. Aber die Pechmarie (in spe) hatte wohl keine Lust, dem Backofen und dem Apfelbaum zu helfen. Obwohl sie genauso gerufen wurde wie ihre Halbschwester, die Goldmarie. Vielleicht wusste sie auch nicht, was sie tun solle, denn sie war es nicht gewohnt zu arbeiten.

Ebenso lief es dann bei Frau Holle. Das gefiel der geheimnisvollen Frau überhaupt nicht, wie man sich vorstellen kann, war sie doch dafür zuständig, dass es auf der Erde schneite. Und so schickte sie die Pechmarie bald nach Hause. Und als sie unter den Torbogen trat, fiel nicht Gold auf sie herab, sondern ein Kessel voll schwarzem Pech, das nicht mehr abgehen wollte. Sie ging enttäuscht nach Hause und der Hahn im Hof krähte bei ihrer Ankunft: „Kikericki, unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie.“

Goldmarie und Pechmarie im Märchen von Frau Holle

Im Märchen von Frau Holle sind Goldmarie und Pechmarie direkte Gegenspielerinnen. Goldmarie ist ein fleißiges und freundliches Mädchen und wird dafür reicht belohnt. Pechmarie ist unfreundlich und faul, und bekommt eine harte Strafe. Denn das Pech, so heißt es im Märchen, ging zeitlebens nicht wieder von ihr ab. Goldmarie und die Pechmarie stehen als Metapher für positive und negative Verhaltensweisen. Doch es gibt auch Deutungen, die Goldmarie und Pechmarie als symbolisch für das Schicksal und den Lohn für gute und schlechte Taten lesen.

Statue der Frau Holle am Frau-Holle-Teich auf dem Hohen Meißner in Ost-Hessen.
Statue der Frau Holle am Frau-Holle-Teich auf dem Hohen Meißner in Ost-Hessen.

Göttin der Fruchtbarkeit oder der Winter als Person?

Die Figur von Frau Holle, auch bekannt als Mother Holle oder Frau Holda, ist eine Figur aus der germanischen und skandinavischen Mythenkreis. Besonders große Ähnlichkeiten gibt es zwischen der mütterlichen Figur aus dem Märchen der Brüder Grimm und der Figur der nordischer Göttin Frigg, die Gemahlin von Odin und Mutter des nordischen Lichtgottes Baldur. Doch wird diese geheimnisvolle Frau auch oft als eine Art „Fee der Natur“ dargestellt, die für Regen und Schnee verantwortlich ist, Für andere wieder ist sie eine Schutzgöttin der Hausfrauen und Weberinnen. Im Laufe der Geschichte hat die „Fee der Natur“ aber sehr verschiedene Aspekte und Eigenschaften angenommen. Manchmal wurde sie als bösartige alte Frau dargestellt, die Kinder und junge Frauen in ihre Unterwelt entführt. Dann wieder ist sie eine ausgesprochen gutmütige Mutterfigur, welche die Menschen beschützt und ihnen Glück bringt.

Mythos der großen Göttin

Einige Wissenschaftler glauben, dass sie ursprünglich eine Göttin der Fruchtbarkeit und der Natur war, die von den Germanen und Skandinaviern verehrt wurde. Andere sehen in ihr eine personifizierte Form der Winterwitterung, die in der Agrargesellschaft eine wichtige Rolle spielte. Die wohl interessanteste Spur dieser Figur scheint mir aber die Trinität der archaischen Göttin. Zitat Michael:

Als weiße Göttin des Himmels, als rote Göttin der Erde (Fruchtbarkeits-, Liebesgöttin) und als schwarze Göttin der Unterwelt.

In den alten Märchen kommen oft das Spinnrad und 3 Tauben vor, die symbolisch für die alte Göttin Holle stehen.

Die Mythe der Göttin Holle war ein mündlich weitergegebener religiöser Glaube, insbesondere der Frauen. Für sie war sie die schützende Göttin und helfende Mutter. Als weiße, rote und schwarze Göttin galt sie als Göttin des Himmels, der Erde und der Unterwelt. Die Gebrüder Grimm haben mit „Goldmarie und Pechmarie“ aus der Mythe eine verbürgerlichte und moralisierende Geschichte gemacht, und die alte Göttin zur einer unwirklichen Fiktion reduziert.

Eingang zu Frau Holles Reich

Am Rande eines schilfumwachsenen kleinen Teichs auf einer Waldlichtung steht eine eine junge Frau abbildende Ulmenholz-Figur. Sie zeigt die Sagenfigur direkt an einem Teich, welcher der Eingang in ihr Reich sein soll. Im Unterschied zu dem Märchen ist die einstmalige Göttin der Fruchtbarkeit als Sagenfigur weitgehend unbekannt. Dabei sammelten die Brüder Grimm nicht nur eine, sondern fünf Sagen zu dieser mythischen Figur. Im Unterschied zum Mythos und zum Märchen beziehen sich Sagen auf bestimmbare Orte, sind meist schriftlich überliefert und haben eine historische Dimension. Sie sind Zeugnisse des Volksglaubens und spiegeln oft eine sehr lange und lebendige Tradition wider. Im Falle der Jacob Grimm erzählten Sage vom Frau-Holle-Teich, gilt das unterirdische Reich der geheimnisvollen mütterlichen Figur als Geburtsort der neugeborenen Kinder.

In der Sammlung der Brüder Grimm finden sich, in ihrer ältesten schriftlichen Urform, im Buch Saturnalia des Barockschriftstellers Johann Praetorius (1630 bis 1680) weitere Sagen die sich mit dem Meißner-Berg in Verbindung bringen lassen. Das Märchen von Goldmarie und Pechmarie ist, so sagen die Einheimischen, an diesem Ort angesiedelt. Aber Frau Holle soll auch eine vorchristliche Muttergottheit gewesen sein. Um den Holle-Teich ranken sich Sagen und Geschichten. So sollen die kleinen Kinder aus diesem Teich kommen und in den zwölf Raunächten soll Frau Holle mit der „Wilden Jagd“ die Seelen der Verstorbenen unter das Wasser des Hollenteiches führen.

Quellen

3 Kommentare

  1. Deine Formulierung zur Dreiheit der Großen Göttin nehme ich mal mit in den Text selbst auf. Vielen Dank für die Anregung und auch für die genaue Formulierung.
    Und eine weitere sehr schöne Formulierung von dir, als Mail an mich, möchte ich hier auch noch wieder geben:

    „Ich interpretiere die Geschichte von Gold- und Pechmarie dahin, dass die Situationen die vier Jahreszeiten darstellen. Blumenwiese = Frühling, Brot (Korn) = Sommer, Äpfel = Herbst und Federbett = Winter. In allen Jahreszeiten gibt die Göttin überschwenglich Nahrung, nur muss man dafür was tun. Dann gibts auch im Winter Gesottenes und Gebratenes.“

    Danke dir und so alles ok?

    • Hallo Angel!
      Ja, das wesentliche ist im Text enthalten.
      Es freut mich, dass ich zum Artikel über die alte Göttin etwas beitragen konnte.

      Viele liebe Grüße!

  2. Oh ja, die große Mutter…

    Von der Mythe der alten Göttin sind in unserer Zeit leider nur ein paar Märchen und Kinderlieder übrig geblieben. Ich bin im Werra-Meißner-Kreis geboren und aufgewachsen und kenne die Kultstätte Meißner. Meine erste Klassenfahrt in der 4. Klasse ging dort hin, wo Frau Holle natürlich auch ein Thema war.

    Die Mythe der Göttin Holle war ein mündlich weitergegebener religiöser Glaube, insbesondere der Frauen. Für sie war sie die schützende Göttin und helfende Mutter. Als weiße, rote und schwarze Göttin galt sie als Göttin des Himmels, der Erde und der Unterwelt. Die Gebrüder Grimm haben mit „Goldmarie und Pechmarie“ aus der Mythe eine verbürgerlichte und moralisierende Geschichte gemacht, und die alte Göttin zur einer unwirklichen Fiktion reduziert.

    In einigen Pflanzennamen ist ihr Name noch enthalten, so u.a. der Wacholder oder der Holunder. Speziell der Holunder (weiße Blüten, schwarze Früchte) galt als heilige Pflanze der Göttin und wegen der hohlen Äste als Zugang in die Unterwelt der Holle. Auf alten Grundstücken sieht man heute noch in einer Ecke den Holunder stehen, unter dem in alten Zeiten Milch und Brot für die Göttin geopfert wurden. Auch fragte man den Holunder aus Ehrfurcht um Erlaubnis, wenn man die Beeren pflücken oder die Äste zurück schneiden wollte. Ich kenne Menschen, die das heute noch so praktizieren.

    Übrigens: Der Frau-Holle-Teich liegt auf der Ostseite (aufgehende Sonne) des Meißner. Aus diesem kommen laut der Mythe die Seelen der Neugeborenen. Es gab auf der Westseite (untergehende Sonne) einen weiteren Teich, durch den die Seelen der verstorbenen Menschen und Tiere in das Reich der Holle zurückkehrten. Leider existiert der Teich heute nicht mehr.

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