Bevor es so richtig los geht mit Herakles Taten, kommt der werdende Held an den Punkt, an dem er seine Lebens-Entscheidung treffen muss.
Diese Situation wird als „Herakles am Scheideweg“ in die Geschichte eingehen.
Vielleicht wird dir bei dieser Geschichte auffallen, dass sie so etwas wie einen moralischen Zeigefinger sie eine sehr deutliche moralische Anweisung enthält.
Ein Held soll der Tugend folgen, nicht der Lust. Der Mythos selbst spricht eine andere Sprache. Mythen stellen ihre Helden nicht vor solche Entscheidungen.
Die Geschichte von Herakles am Scheideweg ist eine Sinngeschichte, die ein Philosoph (der Sophist Prodigos) im 5. Jh. v.Chr. ersonnen hat. Daher der erhobene Zeigefinger.
Ich halte die Entscheidung zwischen bescheidener Tugendhaftigkeit und üppiger Lust für irreführend. Denn ich bezweifle, dass ein Mensch überhaupt Lust zum Leben hat , wenn er Lust und Tugend voneinander trennt.
Doch gehört die Geschichte von Herakles am Scheideweg zur Allgemeinbildung. Sie wurde im Laufe der Jahrhunderte von vielen Philosophen bedacht, kommentiert und und diskutiert.
Einer von ihnen schrieb zu „Herakles am Scheideweg“ einmal auf:, dass er sich ganz sicher nicht fĂĽr die eine oder die andere entschieden hätte, sondern: „beide hätten mit fort gemusst.“. Das wäre auch eine Wahlmöglichkeit.
Herakles am Scheideweg
In jungen Jahren, so erzählt also der Sophist Prodigos, soll sich Herakles einmal an einen weit abgelegenen Ort zurückgezogen haben. Dort dachte er ein Weilchen darüber nach, welche Lebensart er für sich wählen sollte.
Als Herakles an den Scheideweg kam, von dem ab zwei Wege ihn weiterfĂĽhrten, traten ihm zwei Frauen entgegen.
Es waren zwei ansehnliche Frauenspersonen, die sich dem Herakles mit ihren Namen vorstellten.
Die eine war sehr schön. Sie hatte ein freies, majestätisches Gesicht. Doch ließ sie in ihren Augen eine große Schamhaftigkeit und aus ihrem ganzen Wesen viel Sittsamkeit erblicken. Ihr Gewand schien sehr schlicht zu sein.
Die Schöne blickte bescheiden zu Boden und stellte sich als „die Tugend“ vor.
Die andere war ĂĽppig und mit kostbaren Gewändern geschmĂĽckt. Sie schien sehr zärtlich zu sein. Ihre Blicke waren kĂĽhn und unverschämt, und sie lieĂź solche ĂĽberall herumfliegen. Die prächtig gekleidete Frau stellte sich als „die Lust“ vor.
„Die Lust“ sprach Herakles zuerst an:Â
„Wenn du meinem Weg folgst, Herakles“, so sagte sie, „so wirst du ein Leben voller Genuss und Reichtum haben. Weder Not noch Leid werden dir hier begegnen, sondern nur die GlĂĽckseligkeit!“
„Die Tugend“ ergriff nun auch das Wort:Â
„Die Liebe der Götter und seiner Mitmenschen lässt sich nicht ohne Mühsal erreichen. Auf dem Weg der Tugend wird dir viel Leid widerfahren, doch dein Lohn wird Achtung, Verehrung und Liebe der Menschen sein. Nur du kannst entscheiden, welcher Weg der deinige sein soll.“
Beide Frauen versuchten, Herakles zu überzeugen, sie und nicht die andere, zur Führerin seines Lebens zu wählen.
Herakles wählte, so Prodigos, den Pfad der Tugend. Den Pfad der Lust aber lieĂź er „links“ liegen.
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