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Das Totenbuch der alten Ägypter für den Weg zu Osiris in den Westen

Anubis an der Wage, auf der das Herz des Toten leichter als die Feder der Ma'at sein muss

Das ägyptische Totenbuch, auch „Das Totenbuch der Ägypter“ oder das Buch vom „Heraustreten in das Tageslicht“ genannt, ist eine einzigartige Sammlung von Anweisungen für gerade Verstorbene. Sie alle drehen sich darum, dem Toten dabei zu helfen, seinen Weg zu Osiris in der Unterwelt, oft auch Westen genannt, zu finden und fortan ein Leben in der Ewigkeit als Gott unter Göttern führen zu können.

Den Weg bis zu Osiris, dem Gott der Toten im Westen, stellten sich die alten Ägypter als einen durchaus gefahrvollen Weg vor. Einen Weg zudem, der sie schließlich an den Ort der eigentlichen, der großen Prüfung des Toten durch die Götter des Totengerichts führte.

Eben dieses Totenbuch der Ägypter ist auch das zentrale Symbol im Spiel Book of Dead Slot. Wir wollen hier ein wenig Hintergrund liefern, um die Bedeutung dieses Totenbuches zu erhellen, denn in Book of Dead Slot, in dem dieses Totenbuch die am meisten begehrte Belohnung ist, erfährt man nur sehr wenig über das Buch selbst.

Gar nicht so unpassend übrigens, denn auch die alten Ägypter mussten so einiges tun, um rechtzeitig in Besitz des Totenbuches zu kommen. Was genau darin zu lesen und wenn irgend möglich auswendig zu lernen war aber wussten sie wahrscheinlich so gut wie gar nicht, bevor sie das Buch in den Händen hielten.

Denn Schweigen über die Mysterien dieser Reise gehörte zu den Anweisungen, die ein Mensch zu befolgen hatte, wenn er den Weg in den Westen erfolgreich meistern wollte.

Das negative Sündenbekenntnis

Osiris ganz rechts - der ägpyptische TotengottZunächst einmal einmal: Die Unterscheidung zwischen Diesseits und Jenseits war den Ägyptern zwar bekannt, aber für sie, wie für alle Kulturen dieser Zeit, war das Jenseits genauso sinnlich wahrnehmbar wie das Diesseits. Es war nur an einem anderen Ort, nämlich westlich des Nils – dort wo die Sonne Abend für Abend hinter dem Horizont versank.

Leidenschaftlich sich mit dem Leben nach dem Tod und mit der Welt, die sie dort erwartete auseinander zu setzen, war den alten Ägyptern selbstverständlich und ungemein wichtig. Es war ihnen so und sogar so ausschließlich wichtig, dass sie ihr ganzes Leben als Vorbereitung für die Überfahrt ihrer Seele in den Westen nach dem Tod verstanden.

Was aber bedeutete es praktisch, sich auf den Weg in den Westen vorzubereiten?

Lange Zeit ging ich ziemlich selbstverständlich davon aus, dass ein Ägypter wohl vor allem ein tugendhaftes Leben zu führen hatte, damit er dann im Totengericht guten Gewissens und insbesondere leichten Herzens bekunden konnte, dass er frei von jeder Schuld sei. Denn das sogenannte negative Sündenbekenntnis, das der Tote am Ende seiner Reise vor den Göttern ablegen musste, legt diesen Schluss nahe:

Das negative Sündenbekenntnis

Der Tote auf seiner ReiseIch habe kein Unrecht gegen Menschen begangen. Ich habe das Vieh nicht in Not gebracht. Ich habe keine Unzucht getrieben an der Stätte der Wahrheit. Ich kenne nicht, was nicht existiert. Ich habe nicht Böses getan. Mein Name ist nicht in die Barke dessen gekommen,  der die Leute leitet. Ich habe nicht Gott gelästert. Ich habe mich nicht an einem Armen vergriffen. Ich habe nicht den Tabu eines Gottes gebrochen. Ich habe keinen Diener bei seinem Vorgesetzten angeschwärzt. Ich habe nicht krank gemacht. Ich habe nicht weinen gemacht. Ich habe nicht getötet. Ich habe nicht zu töten geheißen. Ich habe nicht das Leiden irgendwelcher Leute verursacht. Ich habe nicht die Speisen in den Tempeln geschmälert. Ich habe nicht die Opferbrote der Götter geschädigt. Ich habe nicht die Opferkuchen der Toten geraubt. Ich habe nicht einen Buhlknaben beschlafen, ich habe mich nicht selbst befriedigt. 16 Ich habe nichts zugefügt noch vermindert am Scheffel. Ich habe nichts vermindert am Ackermaß. Ich habe nichts fortgenommen an Ackerland. Ich habe nichts zugefügt am Gewicht der Standwaage, ich habe nichts verringert am Lot der Handwaage. Ich habe nicht die Milch aus dem Mund des Säuglings fortgenommen. Ich habe nicht das Kleinvieh seiner Kräuter beraubt. Ich habe keine Vögel gefangen im Schilfrohr der Götter, ich habe nicht in ihren Lagunen gefischt. Ich habe das Wasser in seiner Jahreszeit nicht abgeleitet. Ich habe keinen Damm gegen fließendes Wasser gebaut. Ich habe nicht das Feuer zu seiner Zeit gelöscht. Ich habe nicht den Zeitpunkt für die Opfer überschritten. Ich habe nicht den Herden des Gottesbesitzes gewehrt. Ich bin dem Gott bei seinem Auszug nicht entgegengetreten. Ich bin rein (viermal zu sprechen) ! Meine Reinheit ist die Reinheit des großen Phönix, der in Herakleopolis ist, denn ich bin die Nase des Herrn des Lebensodems, der alle Ägypter am Leben erhält.

Dem ist aber nicht so. Zu diesem Schluss bin ich gekommen, nachdem ich mir die Texte des Totenbuches genauer angesehen habe. Das negative Sündenbekenntnis musste reinen, leichten Herzens vor den 42 Göttern des Totengerichts verkündet werden. Doch um in der Lage zu sein, dies leichten Herzens bekennen zu können, war es nicht so sehr erforderlich, nichts Böses getan zu haben, sondern sich auf dem Weg in den Westen von all seinen bösen Taten trennen zu können.

Das klingt vielleicht nach keinem so großen Unterschied, doch wenn Du dir mal versuchsweise vorstellst, wie ein Mensch im alten Ägypten gelebt haben könnte, fällt dir vielleicht auf: Die Liste der möglichen bösen Taten ist lang und wer mag schon mit Sicherheit von sich sagen, niemals in seinen vielen Jahren am Nil die Zeit für eine Opferung überschritten zu haben oder sich nicht selbst befriedigt zu haben oder Kräuter gesammelt zu haben, die für das Vieh bestimmt waren. 

Sich trennen von seinen bösen Taten

Vielmehr wurde der Tote auf seinem Weg in den Westen, und dieser Weg wird im Totenbuch detailliert beschrieben, mit seinen Taten konfrontiert, sodass er sie noch einmal durchlebte. Seine Entscheidung war es nun, sich von seinen bösen Taten zu reinigen, indem er sie hinter sich ließ, statt sie zu verteidigen oder daran zu leiden, dass er sie tat.

Dies war die eigentliche Herausforderung: Sich zu trennen von dem, der man war und sich ganz und gar neu zu erschaffen, neu geboren zu werden. Eine Herausforderung, die keineswegs jeder meisterte.

Doch lest selbst – hier die Stelle, an der der Verstorbene in die Halle der Wahrheit, dem Ort des Totengerichts eintritt:

Was zu sagen ist beim Eintreten in die Halle der beiden Wahrheiten, beim Trennen Toten von allem Bösen, das er getan hat, beim Schauen der Gesichter der Götter:

Gegrüßet seist du, großer Gott, Herr der beiden Wahrheiten! Ich bin zu dir gekommen, mein Herr, ich bin zu dir gebracht worden, um deine Vollkommenheit zu schauen. Ich kenne dich, ich kenne den Namen der 42 Götter, die bei dir sind in der Halle der beiden Wahrheiten, die von denen leben, die das Böse behalten haben, die von ihrem Blute schlürfen an jenem Tage des Abrechnens der Charaktere vor Osiris. Der, dessen beide Augen Töchter sind, Herr der Ma’at’ ist dein Name. Ich bin zu dir gekommen, nachdem ich dir die Maat gebracht habe und dir das Unrecht vertrieben habe.

Sich mit den Göttern identifizieren

Dass die Ägypter euphorisch danach strebten, die auf sie wartende Prüfung vor dem Totengericht zu bestehen, war mehr als verständlich: Es eröffnete sich ihnen die Aussicht, ein Leben nach ihrem Willen leben zu können, den Göttern gleich ewig in Harmonie mit dem Gesetz der Ma’at zu leben.

Das schloss unter anderem ein, mit den Göttern in der Barke über die Himmel zu fahren oder jede beliebige Gestalt annehmen zu können, mit der sie dann unter den Menschen auch im Diesseits weilen konnten. Die Aussicht auf freien Zugang also zu den Wegen des Ostens wie des Westens. 

Eine wichtige, vermutlich entscheidende Fähigkeit, um sich den Göttern als ihnen ebenbürtig vorstellen zu können, war es, sich selbstbewusst und ohne Lüge mit ihnen identifizieren zu können. Im ganz wörtlichen Sinne: Ich bin Horus, ich bin Osiris … das Totenbuch ist durchsetzt mit Bekundungen dieser Qualität.

Hier eines von vielen Beispielen, damit Ihr Euch vorstellen könnt, was das für Zaubersprüche, Anrufungen oder auch Affirmationen waren. Die meisten Sprüche haben einen Titel, der ungefähr angibt, an welcher Stelle und zu  welchem Zweck dieser Spruch eingesetzt werden soll. So auch dieser:

Um die Dämonen zu hindern, der Seele den Kopf anzuschneiden:

Ein Fürst bin ich, zugleich eines Fürsten Sohn.
Aus göttlichem Feuer geboren bin ich, selbst Gott-Feuer.
Wahrlich, nicht wurde Osiris sein Haupt geraubt. Nun,
Da das Gemetzel vollendet, auch mein Haupt, ihr Götter,
Gebt mir zurück! Jung werde ich immer wieder
Und erneure mein Dasein, Unversehrt erhalt ich
Mein vielfaches Wesen. Ich bin Osiris,
Der endlosen Zeiträume Fürst …

Den Weg zu Osiris finden

Neben der Bereitschaft, sich von seinen bösen Taten zu trennen und der, daraus vermutlich folgenden, Fähigkeit, sich reinen Herzens als Gott, der sich selbst geformt und gemeißelt hat, zu präsentieren, musste der Tote sich noch einer weiteren Aufgabe stellen, einer vergleichsweise vielleicht trivialen. Er musste den Weg in das Reich von Osiris finden. 

Der Tote musste also auch in der Lage sein, den Fallen und Schlingen der in der Unterwelt hausenden Dämonen zu entgehen, die Wege, die er gehen musste, finden, die Namen der Götter auswendig sagen können, um die zahlreichen Götter mit ihrem Namen ansprechen zu können. Und bei alledem sein Herz nicht sinken zu lassen, denn dass dieses leichter als eine Feder wog, war die eigentliche und letzte Prüfung dann am Totengericht vor Osiris.

Dafür ein weiteres Beispiel aus dem Totenbuch: 

Um den Metzeleien vorzubeugen:

Ich erreiche nun ein Gebiet,
Wo mit weißer Krone geziert, ein Zepter in seiner Hand,
Weilet das göttliche Wesen.
Vor ihm lasse ich stillstehen mein Boot
Und spreche die Worte:
„Gewaltiger Gott, der du gebietest dem Durst,
Schaue mich an, der ich eben geboren!
Eben geboren! Eben geboren!“
Er sagt: „Auf dem Blutgerüste vor dir
Siehst du hier auf die Folter gespannt
Deine Missetaten … Du erkennest sie wohl!
Jetzt werde ich dieser Taten Andenken
Erwecken in dir …
Nun erwidere ich:
Ich bin Ra, der kräftig macht die Seele seiner Erkornen.
Ich bin der Knoten des Weltenschicksals …
Im Norden, Süden, Westen und Osten!
Wahrlich, Angst ergreift euer Herz, wenn ihr mich anschaut!
Denn ich habe mich selber geformt und gemeißelt.

Zaubersprüche und Anrufungen aus dem Totenbuch der Ägypter

Das Totenbuch der Ägypter soll einen Menschen auf all diese Prüfungen vorbereiten. 

Man könnte sagen, es ist eine Sammlung von Zaubersprüchen und Anrufungen, die den Zweck haben, Gefahren auf dem Weg zu Osiris abzuwenden, Hilfe von den Göttern auf diesem Weg zu bekommen und vor allem, wie mir scheint, darum, sich selbst als stark, selbstbewusst und unbeirrbar auf seinem Wege darzustellen. Heute würden wir zu solch einer Methode vielleicht positive Affirmation sagen, welche als durchaus sehr wirksam beschrieben und erfahren werden.

Soweit ein wenig Anschauung, wie die Zaubersprüche im Totenbuch der Ägypter klingen. Interessant finde ich nicht nur, wie selbstbewusst, schon-göttlich sich ein Toter darstellt, sondern auch eine Vorstellung davon zu gewinnen, was das für Gefahren aber auch begeisternde Möglichkeiten waren, welche einen Menschen nach seinem Tod erwarteten.

Literatur:
Das Ägyptische Totenbuch. Übersetzt und kommentiert von Grégoire Kolpaktchy O.W. Barth_Verlag 1970
Erik Hornung: Das Totenbuch der Ägypter. Artemis-Verlag, Zürich u. a. 1979

Bildquellen:
© commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10971230
© Trustees of the British Museum
© amazon.de/Wege-Weisheit-Das-Ägyptische-Totenbuch

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