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Spirituelle Symbole wirken durch Analogien

Spirituelle Symbole wirken durch Analogien
Spirituelle Symbole wirken durch Analogien.

Spirituelle Symbole sind auch in unseren modernen Zeiten geheimnisvoll und bei vielen beliebt. Der Baum des Lebens, die Blume des Lebens oder ein Mandala wirken anregend, orientierend und beruhigend auf Menschen, die sich intensiv mit ihnen beschäftigen. Spirituelle Symbole wirken, das ist die Quelle ihrer Wirksamkeit, durch Analogien. Das ist ihre Stärke und ihr Problem, gerade in einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft wie der unseren.

Spirituelle Symbole

Spirituelle Symbole, so viel vorab, ist sicherlich kein scharf abgegrenzter Begriff. Ganz im Gegenteil, man kann sehr verschiedenes darunter verstehen. Das Kreuz der Christen zum Beispiel oder das Ankh der alten Ägypter sind Symbole, die in bestimmten religiösen Kontexten entstanden sind.

Das gleiche gilt für den kabbalistischen Baum des Lebens, er ist eines der wichtigsten Symbole der jüdischen Religion. Ein weiteres Beispiel wäre das Mandala oder ein noch weiteres das Yin-Yang Symbol für die ostasiatischen Religionen.

Doch selbst diese, früher eindeutig religiösen, Symbole werden heute mehr oder weniger verallgemeinert.

Was meint, dass sie von vielen Menschen in Ehren gehalten oder auch getragen werden, die deren Herkunft nicht so genau kennen. Es reicht oft schon, dass diese spirituellen Symbole als erhaben, weise, heilig oder harmonisierend kommuniziert werden.

Spirituelle Symbole nutzen die Methode der Analogiebildung

Die Wirkung dieser und auch vieler anderer, meist kreis- und spiralförmiger, Symbole beruht auf Analogiebildung. Eine Methode der Erkenntnis, die schon seit Jahrtausenden mit großem Erfolg angewendet wird. Oben wie unten, innen wie außen, im ganz kleinen und ganz großen usw.

Die große, durch nichts ersetzbare, Stärke dieser Methode liegt in ihrem Potential von Bekanntem auf Unbekanntes schließen zu können.
Und in der Tat funktioniert das oft sehr gut. Fallen einem ähnliche Strukturen zwischen zwei Sachverhalten auf, kann man versuchen, aus den Eigenschaften des bekannten Sachverhaltes auf die Eigenschaften des unbekannten Dinges zu schließen.

Der Mensch ist wie ein Baum. Tief verwurzelt in der Erde, reicht er mit seiner Krone bis hinein in den Himmel.

Diese Methode, Erkenntnisse zu gewinnen, ist uns Menschen tief vertraut. Doch könnte dies einen anderen Grund haben, als allgemein bzw. viele Jahrtausende lang angenommen.

Der kabbalistische Lebensbaum, Mandala und die Blume des Lebens

Spirituelle Symbole wirken durch Analogien - Kabbalistischer Baum des Lebens
Kabbalistischer Baum des Lebens

An drei Beispielen will ich zeigen, wie traditionelle spirituelle Symbole mit Analogien arbeiten.

Der kabbalistische Baum des Lebens

Der kabbalistische Lebensbaum ist aus 10 (+1) sogenannten Sephiroth aufgebaut und wurde im Mittelalter entwickelt. Zumindest soweit man das heute aus schriftlichen Quellen rekonstruieren kann. Der Buchdruck und damit allgemein zugängliches Wissen aus Büchern wurde ja erst im 15. Jahrhundert erfunden. Die Ursprünge der Sephiroth sollen bis in die Gnosis (Jahr 0) zurückreichen. Die 10 Sephiroth und die 22 Pfade zwischen den Sephiroth beschreiben universelle Analogien. Die Grundannahme ist, dass es Ähnlichkeiten zwischen Zahlen, Buchstaben, Planeten, Farben, Formen und Abläufen gibt.

Die Ähnlichkeiten beruhen nicht auf ähnlichem Aussehen, sondern darauf, dass Farben, Formen, Zahlen, Natur und insbesondere der Mensch aus dem einen schöpferischen Willen Gottes entstand. So sind alle Dinge und Lebewesen einander verwandt, wenn auch nicht jedes mit jedem gleichermaßen. Hierarchie – von oben nach unten fließen die göttlichen Ideen – spielt eine zentrale Rolle in der kabbalistischen Tradition.

Mandala in der Tradition des Hinduismus und Buddhismus

Spirituelle Symbole wirken durch Analogien - japanisches Mandala
Japanisches Mandala

Mandalas kennt heute jedes Kind, könnte man sagen. Ihr Ursprung liegt in der buddhistischen und hinduistischen Religion. Mandalas haben – was kein Wunder ist – Ähnlichkeiten mit dem Baum des Lebens.

Sie arbeiten ebenfalls mit Farben, Formen, Zahlen und Buchstaben etc. Und ebenso beschreiben sie mit dieser Methode der Entsprechungen das schöpferische Werden der Welt im kleinen wie im Große.

Und auch hier geht es um die Verbundenheit zwischen dem Göttlichen und dem Menschen. Der auffällige Unterschied zwischen Mandala und Baum des Lebens ist, dass das Göttliche, aus dem alles hervorgeht und das alles zurück kehrt nicht oben, sondern in der Mitte angeordnet ist.

Anders als in den europäischen Religionen wird im Hinduismus und Buddhismus das Göttliche nicht personalisiert. Statt dessen, in vielen Mandalas gut erkennbar, befindet sich in der Mitte des Mantras die Quelle oder der Ursprung. Einer in jedem Fall, aber das kann durchaus auch eine der vielen Gottheiten im Hinduismus sein.

Die Blume des Lebens

Die Blume des Lebens gilt als ein universelles spirituelles Symbol, das den Schöpfungsplan abbildet und gleichzeitig in die Unendlichkeit verweist. Den Mandalas sehr ähnlich und oft auch als ein spezielles Mandala verstanden, wirkt die Blume des Lebens energetisch und harmonisierend. Aber die Blume des Lebens wird keiner speziellen Religion zugeordnet, sondern gilt eher als ein spirituelles Symbol, das in fast allen Religionen ähnlich verwendet wurde.

Alles, so heißt es, beginnt mit dem Raum, einem Kreis, der sich schließt. So wurde die Erde erschaffen, so wird die Blume des Lebens gezeichnet. Der ewige Kreislauf wird damit in Gang gesetzt und ist energetisch spürbar. Überlappend wird ein zweiter Kreis gezeichnet, ein Oval entsteht zwischen beiden Kreisen.

So fängt das Leben als Zelle an zu pulsieren. Aus der Überlagerung wird eine Teilung, die trotzdem ohne die beiden Kreise nicht sein kann und doch selbst ein eigenständiges Ganzes zwischen ihnen bildet.

Mit neunzehn Kreisen, zwölf Halbkreisen, sechs Dritteln und achtzehn Sechsteln bildet die Blume, umschlossen von zwei Kreisen, ein System, das immer wieder aus sich selbst heraus wächst. Es wird als das eine Muster gedeutet, auf dem das Universum basiert, aus dem sich alles ergibt, auf dem alles aufbaut.
Weitere Informationen zur Blume des Lebens gibt es bei regenbogenkreis.de.

Grenzen durch Naturwissenschaft und Digitalisierung

Armin Nassehi: Muster – Theorie der digitalen Gesellschaft

Spirituelle Symbole, zumindest die hier etwas näher beschriebenen, haben also den Anspruch, die Grundmechanismen des Universum zu beschreiben. Natur, Göttliches und den Menschen. Und sie tun das, was traditionell überaus erfolgreich und plausibel war, mit Hilfe von Analogien bzw., meist impliziten, Analogieschlüssen.

Naturwissenschaften, Technik und Digitalisierung der Gesellschaft haben inzwischen andere Methoden entwickelt, mit denen sich Weltall, Erde und Mensch erklären und beschreiben lässt.Was die Natur betrifft, besteht diese Methode vor allem in Messbarkeit und Wiederholbarkeit. Wissen, wie genau was funktioniert statt Glauben an unsichtbare Mächte und Götter. Was die Gesellschaft, also die Gemeinsamkeit oder auch das Gegeneinander von Menschen betrifft, ist Kommunikation inzwischen entschlüsselbar. Nassehi zeigt zum Beispiel, dass und wie Gesellschaft, soziologisch beobachtet, berechenbar geworden ist.

Armin Nassehi zeigt zum Beispiel in seinem Buch „Muster“, wie sich Interessen und Bedürfnisse sowie entsprechende Entscheidungen von Menschen mit ausreichend hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagen lassen. Man glaubt sich frei in seinen Entscheidungen, aber hinterlässt Spuren – im Internet sogar mit jedem Klick.

So lassen sich Muster unseres Verhaltens errechnen, die für uns selbst unsichtbar sind. Eine unglaubliche Kränkung, so formuliert Armin Nassehi es selbst, für den Menschen, der sich doch originell und einzigartig glaubt.

Analoges und digitales Beobachten

Universum als Netzwerk
Universum als Netzwerk

Wer heute noch ernsthaft der Meinung ist, dass die Welt, das Universum, Natur, Mensch oder auch nur die Menschheit von einer zentralen Stelle aus planbar, denkbar, beobachtbar wäre, tut sich selbst keinen Gefallen.

Einsam entscheidende Autoritätspersonen, je demonstrativer sie sich als solche gebärden, desto mehr, werden zunehmend lächerlich.

Die Gesellschaft ist so komplex geworden, dass sie sich nicht mehr als Ganzes und schon gar nicht durch als gültig geglaubte Analogschlüsse kontrollieren lässt. Und das zeigt nur, dass sie noch nie von einem Einheitsgesichtspunkt aus vollständig kontrollierbar war. Weil: Die Entwicklung der Menschheit hat ja dieses unübersichtlich gewordene Netzwerk aus gegenseitigen Beeinflussungen selbst hervor gebracht.

Und doch sind diese großen Welt erklärenden Analogien, welche die Religionen hervorgebracht haben, kein bedauerlicher Irrtum, purer Kinderglaube oder so etwas.

Wie alle Analogien haben sie die Funktion, Ahnungen von Wirkzusammenhängen in Bild oder Begriff zu bringen. Hypothesen, Intuitionen auch genannt. Ohne Hypothesen oder zunächst vage Einsichten, wüsste kein Wissenschaftler oder Techniker, wo er denn hingehen könnte, um mit seinen Messinstrumenten auszumessen, was Sache ist.

Das Internet zum Beispiel funktioniert in etwa so, wie es das uralte indische Gleichnis des Indra-Netzes vor Jahrtausenden schon beschrieben hat. Jedes Ereignis ist eben Ereignis, nicht Ding und jedes ist mit jedem nicht nur verbunden, sondern beeinflusst alle anderen, wie es wiederum von allen anderen beeinflusst wird.

Fazit: Gott als Analogie

Die Pointe oder Volte ist aber noch eine andere: Wir Menschen sind (oder werden zunehmend) berechenbar durch digitale Mustererkennung. Nur gilt das, denn nur damit kennen sich digitale Programme aus, nur für den Durchschnittsmenschen. Den Menschen also, den digitale Programme erkennen können ist ein statistisch berechnetes Wahrscheinlichkeitsmuster. Was in keinem Fall der konkrete lebende Mensch selbst ist, sondern eben ein errechnetes Muster seines wahrscheinlichen Verhaltens. Digitales Beobachten bedeutet also: Die Kommunikation beobachtet sich selbst, nichts sonst. 

Der konkrete Mensch aber ist ebenfalls ein Beobachter. Unablässig verarbeitet er alle für ihn relevanten Daten. Nur setzt er „seine“ Daten nicht digital, sondern analog zueinander in Beziehung. Denn alles was er tut, ist zunächst einmal darauf gerichtet, sein eigenes Leben, Überleben auch, sicher zu stellen. Und dafür muss er verdammt aufmerksam sein. Er muss nämlich unterscheiden können, ob etwas für seine biologische, für seine soziale oder für seine psychische Existenz relevant ist. 

Um spirituelle Symbole noch mal ins Spiel zu bringen, muss ein konkreter Mensch ins Zentrum seiner Analogien: sich selbst setzen. Und er tut es auch, tat es immer, das ist der Witz. Anders könnte er für sein Überleben gar nicht sorgen. Nur schien es den allermeisten Menschen vermutlich angemessener oder sicherer zu sein, ich will jetzt kein neues Thema eröffnen, an diese Stelle lieber einen Stellvertreter für sich selbst zu setzen. Gott zum Beispiel. Eine „Projektion seiner eigenen Fähigkeiten“ sagt die Psychologie dazu. Eine Projektion, in diesem Fall, seiner eigenen unendlich kreativen Macht.

Bildquellen:

© Doreen Sawitza auf Pixabay / Alan James Garner – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8542830 / Unbekannt, Gemeinfrei,  / https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25458 / Gerd Altmann auf Pixabay

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